Montag, 25. Februar 2013



















"Jede Jahreszeit verlockt in Peking zu Müßiggang: im Frühling läßt man Drachen steigen, in Sommernächten wandert man zum Nord-See, im Herbst macht man Spaziergänge in den Westbergen, um das rote Laub zu betrachten, und im Winter sitzt man frühmorgens, wenn es aufhört zu schneien, am Fenster und malt. Wenn man sich einsam fühlt, geht man auf und ab und dichtet, und wenn man in geruhsamer Stimmung ist, sitzt man einfach da und schlürft Tee; so geht das halbe Leben mit leerer Zerstreuung vorüber."

Cao Yu: Der Pekingmensch

Montag, 11. Februar 2013

Papst Benedikt macht los


*****EXKLUSIV AUF DEM UNTERGEHENDEN SCHIFF: DIE RÜCKTRITTSERKLÄRUNG IM WORTLAUT****

Samstag, 9. Februar 2013





                             "Entweder du rennst
                              oder du verbrennst."

                                 - Dr. H. G. Bohnert, The Semiotic Status of Commands,
                        Philosophy of Science, XII (1945), S. 302





Donnerstag, 7. Februar 2013





Weil es sich um einen bahnbrechenden Eingriff handelt, ist die ganze Zeit über, immer wieder zwischen Nachrichtenblöcken, Features und Kurzreportagen live zugeschaltet, ein Radioreporter im Operationssaal anwesend. Nicht hinter der Glasscheibe an der Stirnseite des Raumes, wo leicht erhöht Sitzreihen voller Medizinstudenten das Geschehen überblicken, sondern direkt unten am Operationstisch bei den Chirurgen.
Zunächst wird dem Patienten ein kleines Loch in die Schädeldecke gebohrt. Der Redakteur vom Dienst hat sich alle Mühe gegeben, das Programm des Radiosenders möglichst um das Sirren des Schädelbohrers herum zu arrangieren. Dieses Schädelbohrersirren, dachte er, sind wir unseren Hörern schuldig. Sonst könnte man ja einfach irgendein Interview mit einem Gehirnchirurgen irgendwann aufnehmen und übertragen. Später werden dem Patienten über dieses Loch zwei Elektroden ins Gehirn eingeführt, die nach der Operation mit einem Impulsgebenden Gerät außerhalb des Kopfes verdrahtet werden können.
„Ganz salopp“ fragt der Radioreporter einen der Chirurgen in sein Mikrofon, „könnte man also sagen: ein Hirnschrittmacher?“
„Ganz so salopp wäre das gar nicht“ antwortet der befragte Chirurg, während er das frisch gebohrte Loch in der Schädeldecke mit Kochsalzlösung einsprüht, „Es träfe den Nagel schon fast auf den Kopf.“
Der Patient wurde durch Inkubations-Vollnarkose in einen Tiefschlaf versetzt. Trotzdem öffnet er, als sich der Radioreporter nah an sein Gesicht herantraut, für einen langen, regungslosen Blick die Augen.
„Das ist ja sehr interessant, Herr Professor Sorty“ sagt der Reporter, „der Patient schaut mir jetzt direkt in die Augen. Was bedeutet das?“



Dienstag, 5. Februar 2013

Zitate zur Verwendung und Betrachtung

Im Jahr 1513 ist an viel Orten der Welt ein ufrührisch blutigs Jahr
gsyn, durch hart Gestirn und Sonnenfinstere verzeigt.
(Anselm, Berner Chronik)

Die Eigentümlichkeit der Appenzeller, ihrem Gedächtnis und starken Arme mehr zu vertrauen als
den Pergamenten, prägt sich in dem vielfach empfundenen Mangel an Urkunden aus. Im Archiv
zu Appenzell fand sich keine einzige Urkunde, die von dem Eintritt Appenzells handelte (vom
Bundesbrief abgesehen), wie übrigens auch im Stadtarchiv keinerlei Material zu finden war.
Die neugierige Nachwelt sucht oft umsonst in den innern Gang der appenzellischen Geschichte
einzudringen. Nur in schwachen Umrissen sind Personen erkennbar.

Hier müssen wir uns den eidgenössischen Angelegenheiten zuwenden.

Der erste Versuch Appenzells, eidgenössisches Bundesglied zu werden: 1501.
Der zweite Versuch: 1510. Sie liessen daher ihre Botschaft zu den Orten reiten und erneuerten ihre
Werbung vom Jahre 1501. Neun Tage später richteten Landammann und Rat von Appenzell ein
Schreiben an den Rat von Luzern mit der dringenden Bitte, sie „als fromm lüt, die sie ob got will sind
und an ihnen sin wollent, zu ainem ort wie die stett Fryburg, Soloturn vnd Schaffhusen“ anzunehmen.
Durch die gütige Vermittlung des Herrn Staatsarchivar Dr. v. Liebenau in Luzern wurde uns eine
Abschrift des Briefes zugestellt.
Der dritte Versuch: 1512.
Offenbar machten sich die Appenzeller die „bedenklichen Zeitläufe“ zu nutze.

Im Jahr 1513 ist an viel Orten der Welt ein ufrührisch blutigs Jahr gsyn, durch hart Gestirn und
Sonnenfinstere verzeigt. (Anselm, Berner Chronik)

In dieser düsteren Periode äusserer Macht und innerlichen Niederganges vollzog sich der Umschwung
in der Stimmung der Eidgenossen gegen ihre todesmutigen Kampfgenossen von Appenzell. Mit
grosser Behendigkeit ergriff es die Gelegenheit.

Obgleich der Abt von St. Gallen jährlich 400 Fuder Wein in seinen Keller brachte, zwang er seine
Konventualen sauren Wein zu trinken, bis sie krank wurden. Der Abt selbst trank, so gerne er Silber
und Gold sah, doch aus einem hölzernen Becher.

Die überaus heftige Opposition des Abtes lässt sich erklären. Seine Besorgnis, seine Furcht vor
dem gewaltthätigen Ubermut der Appenzeller war ebenso begründet, wie der Hinweis, dass sie ihre
Stellung überhaupt nur der Gewalt, nicht dem Rechte zu verdanken haben.

In Zürich fand der Abt ein offenes Ohr.

Im Jahr 1513 hob der Bauherr und Vorsitzende der Innerrhoder Reedereiwirtschaftsordnung, das
Mitglied des Großen Rats, Adalbert Spichtig, behutsam die zitternde Tasse unnachgiebig zum Mund.

Am Dienstag nach Lucientag, am 13. Dezember 1513, nahm die Tagsatzung in Zürich, welche
Appenzell den endgültigen Entscheid bringen sollte, ihren Anfang. Aber erst am folgenden Tage
versah Zürich seine Boten mit der Instruktion, der Eidgenossen Antwort zu hören und, falls sie
diese geneigt sehen, Appenzell anzunehmen, unter Vorbehalt des Burg- und Landrechts ebenfalls
einzuwilligen.

Die Instruktion von Mittwoch nach Lucientag, 14. Dezember 1513, die wir dem freundlichen
Entgegenkommen des Herrn Staatsarchivar Labhart verdanken, hat folgenden Wortlaut: Uff die
pitt so unser Eidtgnossen von appenzell, si für ein Ortt wie Friburg, Soloturn und Schaffhusen sind
ufzunemen, getan, habent min herren Rat und burger sich erkennt, der Eidtgnossen antwort zu hören,

und sover si an denselben erfindent, dz si willens sind, si in sölicher gestalt anzunemen, wölent min
herren das selb och gestatten und darin willigen, doch also dz min herren von Zürich und Lutzern
Ir burgerrecht und unser Eidtgnossen von Swytz und Glarus Ir landtrecht, so wir vier ort mit dem
gotzhus Sant Gallen habent, in allem Inhalt und Ustruck, lutter und eigentlich unbedingend und
vorbehaltend.

Leider meldet keine Überlieferung, welche Orte neben Bern es waren, deren Eintreten für Appenzell
es bewirkte, dass seiner Aufnahme stattgegeben werden musste.

Auf derselben Tagsatzung, da der Bischof von Verulam den päpstlichen Gruss und Segen
überbrachte und den Eidgenossen ein Bündnis mit Leo X. antrug, da auch der kaiserliche Bote
sich einfand, um die Eidgenossen von eben diesem Bunde abzumahnen, erfolgte am Schlusse
der Verhandlungen die Aufnahme Appenzells als XIII. Ort: „Unser lieben Eydgnossen von
Appenzell sind für ein Ort angenommen, wie Fryburg, Soloturn und Schaffhusen und ouch
jeder Bott weiss zu sagen“.

Das genaue Datum der Aufnahme ist nicht zu bestimmen; jedenfalls war es nicht der 13. Dezember.

So war das ersehnte Ziel endlich erreicht.

Es mag den Nachkommen vergönnt sein, das dürftige Denkmal der Appenzeller mit einem Kranze
dankbarer Erinnerung zu schmücken. Wen seine Moralität daran hindert, der möge des Wortes
von Jakob Burckhardt gedenken: „Das 15. Jahrhundert erzog Menschen mit andern Nerven, als die
unsrigen sind.“