Montag, 21. September 2009

Die Gewinnung der Ungläubigen

Nach ihrer teuflischen Gewohnheit
richteten sie (wie gewöhnlich) große Blutbäder an,
das gleich machten die anderen auf den übrigen Plätzen.
Der übliche tyrannische Frondienst.
Der übliche verheerende und tyrannische Frondienst.
Die üblichen Grausamkeiten und Missetaten, wie sie sich dort auch alle übrigen zur Gewohnheit gemacht haben.

Daraus folgt,
daß das, was gewohnt ist, bekannter ist,
wie der Philosoph sagt.
Weshalb die Menschen, sagt er,
ihr Gehör den Dingen schenken, die ihren Gewohnheiten entsprechen.
Und wenn man zu uns von anderem spricht, als von dem, was zu hören wir gewohnt sind, scheint es uns in der Wahrheit nicht dem, was zu hören wir gewohnt sind, vergleichbar; sondern es scheint uns weniger bekannt und somit weniger wahr, weil es uns ungewohnt ist.
Gewohnt kann es aber nicht sein, außer von vielen Akten her.
Jenes nämlich, was uns gewohnt ist, ist uns bekannter.
Der Grund dafür ist,
daß die Gewohnheit
zur Natur wird, weshalb auch der Habitus, der in der Art der Natur zu etwas neigt,
durch die Gewohnheit erzeugt wird; deswegen
sagt auch der Philosoph,
die Gewohnheit sei eine zweite Natur.
Daraus folgt,
daß man das, was man gewohnt ist,
lieber hört und leichter begreift.
Das Gewohnte nämlich ist angenehm, und was nicht angenehm ist, wird durch die Gewohnheit angenehm.
Die Gewohnheit ist ein Habitus,
oder aus der Gewohnheit entspringt ein durch häufige Akte
erworbener Habitus, der nicht im eigentlichen Sinne natürlich ist, sondern gleichsam natürlich.
Denn die Gewohnheit
macht die gewohnten Tätigkeiten so leicht, bequem und einfach, als ob sie ihren Ursprung in der Natur hätten.

Also ist es notwendig,
daß er es wieder und immer wieder vorträgt,
es erklärt,
näher bestimmt
und unterscheidet
sowie ständig wiederholt;
weiter,
daß er die
die an den Glauben und an die Religion herangeführt werden müssen,
für sich einnimmt,
sie überzeugt,
bittet
und anfleht,
sie einlädt,
lockt und bei der Hand führt.
Da ja
aus der häufigen Darstellung,
der Verdeutlichung,
Predigt
und näheren Bestimmung
sowie
aus der Erklärung der Glaubensinhalte,
der Hinführung zu ihnen,
aus dem Bitten,
Flehen,
Einladen,
Locken,
und Bei-der-Hand-Führen
in den Herzen der Zuhörer aufgrund dieser sooft wiederholten Akte allmählich eine gewisse Kraft und Disposition oder eine
angenehme Gewohnheit oder ein
Habitus erzeugt wird,
der eine gleichsam natürliche Neigung verursacht.

Doch zu den erwähnten Akten,
aus denen Gewohnheit
und Habitus erwachen sollen,
sind eine gewisse Zeitspanne,
Ruhe,
Ausgeglichenheit,
Mühe und Eifer,
sowie
eine Anspannung der Aufmerksamkeit und der anderen Kräfte
erforderlich.
Ebenso
ist eine Hinwendung zu den Worten und Taten des Predigers
oder desjenigen,
der den Glauben und die wahre Religion lehrt,
mahnt,
dazu einlädt
und davon überzeugt,
nötig.

Dies alles setzt freilich voraus,
daß die Seelen der Zuhörer mit sanfter Stimme,
freundlicher Miene,
dem Beweis guten Benehmens,
mit einnehmender Freundlichkeit der Worte,
angenehmer Führung
und erfreuendem Wohlwollen gewonnen worden sind.

QUELLE: Bartolomé de las Casas

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