Samstag, 10. März 2012

Steglitz




'Eichelhäher verfolgen oft auch die Tätigkeiten der menschlichen Anwohner sehr genau. Oft zeigen sie - aus bisher nicht geklärten Gründen - eine spezielle Aufmerksamkeit für eine bestimmte Person. Im Garten eines Hinterhauses in der Zimmermannstraße in Steglitz platzierte sich jeden Morgen, wenn der Bewohner des dritten Stocks seinen Computer anschaltete, einer der beiden dort ganzjährig ansässigen Häher auf dem am Balkongeländer befestigten Kräuterkasten. Mit geradem Blick schaute er den Auserwählten an, beugte sich dabei zu Begrüßung nach vorn, als würde er ihm zunicken, und ließ ein kläglich klingendes "aaar-ooor" folgen, um im nächsten Moment einen Büschel Basilikum oder Rosmarin aus dem Kasten zu reißen und davonzufliegen. Nicht immer aber war der Eichelhäher so friedlich gestimmt. Manchmal landete er auch auf dem Balkongeländer und schrie den jungen Mann an seinem Schreibtisch unvermittelt und ziemlich laut an.'


Cord Riechelmann - Wilde Tiere in der Großstadt, S. 80

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