Mittwoch, 2. April 2014


[...] Dieses beschissene Hitze, flüsterte der Typ, der, das war mir nun vollkommen klar, ein Tourist sein musste, der sich auf direktem Weg ins Verderben befunden hatte.
Ich stellte mich ihm vor, erzählte ihm ein bisschen was über diese von Gott verlassene Gegend, fragte ihn, woher er komme, wie er heiße und was er sich dabei gedacht habe, bei diesem höllischen Wetter zu wenig Wasser zu trinken.
Er nannte sich selbst nur der Preuße, machte eine Rundreise durch die Republik und kam aus Deutschland, genauer gesagt aus dem äußersten Osten Deutschlands, aus einer flachen, bräunlichen Landschaft namens Oderbruch, von der ich noch niemals etwas gehört hatte und die für mich gleichbedeutend mit dem Arsch des Uranus war, so wenig konnte ich mir darunter vorstellen. Und dann sagte er, dass er mir eine Geschichte erzählen müsse, eine alte, merkwürdige, grausame Geschichte, und er müsse sie mir jetzt und sofort aus dem einfachen Grund erzählen, weil er sich davor fürchtete, einzuschlafen, wenn er nicht sprach, und Einzuschlafen, meinte er, würde in seinem Zustand den Tod bedeuten. Ich wollte ihm sagen, dass das großer Quatsch sei, dass er einfach sein Glas Wasser trinken und die Schnauze halten solle, doch er ließ mich nicht zu Wort kommen, und nach mehreren Ansätzen, in denen er das Leben der Menschen im Berlin der Kaiserzeit, die Witterungsbedingungen im hohen Norden Norwegens und die Tier- und Pflanzenwelt am Grunde des Schwarzen Meeres beschrieben hatte, kristallisierte sich schließlich das zentrale Figurenensemble seiner Erzählung heraus, eine Gruppe kleiner Beamter, NSDAP-Mitglieder der ersten Stunde, die sich, in Begleitung ihrer Familien, im August 1937 zur Sommerfrische an der Ostseeküste Pommerns aufhielten. [...]


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