Sonntag, 3. Juli 2011

Die Welt weiß, was in Deutschland geschieht


Sie kommen langsam von der Stelle, das wussten wir schon. Dabei müssen sie auch ohne den Vorteil auskommen, den wir aus Filmen kennen, mit ihrer bloßen Menge alles zu überschwemmen, bis es keine Möglichkeit mehr gibt, ihnen auzuweichen oder zu entkommen - nein, es sind nicht viele, und sie sterben schnell. Ihre Bisse schaffen keine neuen Wesen ihrer Art. Wenn sie die Körper der Menschen zerfleddern und in ihre toten Mägen hinabschlingen, verlängert sich ihre Lebenszeit überhaupt nicht; vermutlich sterben sie kurz darauf an einem verborgenen Ort.


Das hat auch irgendjemand gesehen.


Anders, als wir denken oder wie es oft in den Filmen ist, ist auch das Geräusch, das zu ihnen gehört. Anstelle des Stöhnens und Ächzens, über das wir uns oft lustig gemacht haben, statt des Qualgeräuschs aus vielen Mündern, ist es ein seltsames Schwirren, das die Menschen hören, die schon mit ihnen in Berührung gekommen sind und dann schon alles von ihnen gesehen haben (die verblichene Haut, selten Gesichter); ein Geräusch, das gar keinen Ursprung zu haben scheint, den wir uns vorstellen können.

Es sind also schwache Wesen; und es scheint, dass sie dem Untergang entgegen gehen. Stattdessen sind sie aber überhaupt in Erscheinung getreten und bis heute nicht verschwunden, sondern es scheint doch neue ihrer Art zu geben. Deren Herkunft ist aber wieder unklar, wie überhaupt alle Fragen nach der Entstehung dieser unangenehmen, lästigen Heimsuchung ins Leere laufen.


Alle Bemühungen, ihrer habhaft zu werden, alle Bemühungen, sie auszulöschen und so jene Momente, wenn sie zwischen den Menschen in Erscheinung treten und Unheil stiften, zurückzuweisen - wenn schon nicht in jene Zone, wo alles nur eine Möglichkeit ist, so doch in die Vergangenheit unserer eigenen, ungeteilten Zeit - diese Bemühungen sind alle frustriert worden, von neuen Momenten dieser Art.

Man kann schon einige von ihnen töten (es sind weder Frauen noch Männer). Polizisten haben die Erlaubnis, wenn möglich, ihre Dienstpistolen zu gebrauchen. Aber vor allem versteckt sich doch immer irgendwo noch einer von ihnen.


Wir leben deshalb unser Leben wie bisher; es gibt ja auch keine bekannten Folgen für diejenigen, die gebissen wurden von ihnen. Es gibt kein deutliches Verbot, nichts Absolutes, nur eine Art Scham, davon zu sprechen.


Plötzlich spürt ein Mensch wieder ihre kalte Berührung, hört das unbekannte Geräusch und spürt den Schmerz, gefolgt durch eine rasche Betäubung, wenn ihre zerfallenden Zähne die dünne Haut durchstoßen, um sich zum rohen Fleisch darunter durchzugraben und mit ihren unreinen Lippen willkürlich das Blut aufzuklauben, wo es dann zufällig zu fließen beginnt.


Ich habe seitdem immer ein kleines Skalpell bei mir.


Dabei ist es nur hier so. Aber die Welt weiß, was in Deutschland geschieht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen