Donnerstag, 31. Mai 2012

Das große Gespräch über die Zukunft (VII)

Ich bin heute hier, um Euch zu sagen, dass ich unaufhaltsam in die Zukunft stürze, ob Ihr dabeiseinwollt oder nicht. Ob Ihr zuhört oder nicht. Das sage ich und sage ich, jetzt und jetzt. Jemand hört zu, es ist immer noch jemand dabei. Vielleicht Ihr, aber wenn Ihr es nicht seid, andere. Manche Ideengeber grüßt man indirekt; nicht alle Zitate sind ausgewiesen - Ihr wisst wer ihr seid. Die Zukunft, in die ich stürze, da sind Menschen, schon jetzt, Menschen mit Ohren, die hier sind. Verbindlichkeit entsteht im Politischen nur, wo gemeinsam gehandelt wird; nicht da, wo jemand sich alleine etwas ausdenkt, es mag so triftig sein, wie es will. [...] Praxis macht politisch klug; Abstinenz von ihr dumm. Der Sturz in die Praxis ist der Sturz in die Zukunft: Auflösung von mir, Verwandlung von mir, da bin ich jetzt nicht mehr so wie jetzt. Ich bin an diese Zukunft gebunden, ABER ich muss so tun, als gäbe es KEINE Zukunft, als sei sie NICHT hier. Als müsste ich jetzt zu Euch sprechen, bin ich nie da in der Zukunft, bin ich nie der zukünftige Mensch. Als stünde ich ausschließlich vor Euch, nur jetzt, und könnte nicht weiter, vor mir das Ende, ein Tod, Ihr, ich, nur privat. Vom Tod, dem Privaten, zu sprechen: Das ist dazu da, die Zukunft zu leugnen, das ist dazu da, das Wort selbst zu leugnen, das davon spricht. (Ihr seid dazu da, die Zukunft zu leugnen.) Und dabei wäre der Tod durch ein einziges Wort von mir an Euch geleugnet, sofort: alles öffentlich, sofort, wenn ich das Wort nur jetzt wirklich sagte, hier, und es nicht nur aufschriebe, und wegwäre. (Ich bin bereits jetzt hineinzerrüttet ein öffentliches Verhältnis zu mir selbst: Text.) Aufschreiben, Wegsein: Das heißt, nur immer zu hören, ohne zu wissen, ob man selbst gehört wird, kein Wissen, nur Hoffnung. Das ist die Stimme, die sagt: Wie peinlich, über etwas, das so viele betrifft, reden zu müssen, als habe man sich bloß privat ein paar Gedanken gemacht. Und die hofft oder nicht, Verwandlung, Auflösung: weiter.

Die Textstellen sind aus dem Buch von Dietmar Dath: Maschinenwinter, S. 14 und 15 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen