Montag, 13. August 2012


Thilo Sarrazin
Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet

1. Betritt ein Schauspieler die Bühne, so hört er auf, sich selbst zu spielen, sondern spielt noch mal jemand anderes, was aber nur ein gradueller Unterschied ist.

2. Wer auf der Bühne jemanden schlägt, schlägt wirklich jemanden.
Es sei denn, er tut nur so und haut in die Luft, so dass es nur so aussieht. Aber dann schlägt er ja niemanden, und das ist ja nicht gemeint. Also gilt weiterhin: Wer auf der Bühne jemanden schlägt, schlägt wirklich jemanden.
Und das ist nicht gut.

3. Auf der Bühne kann nach Belieben Blut und/oder Sperma verspritzt werden, allerdings putzt derjenige, der die Sauerei veranstaltet hat, diese danach auch auf.

4. Zerstört ein Schauspieler im Spiel auf der Bühne einen Gegenstand, so ist es nicht die Aufgabe der Bühnenarbeiter, diesen bis zur nächsten Vorstellung zu reparieren, sondern seine eigene oder die des Regisseurs. Falls das Reparieren des Gegenstandes zu viel Arbeit macht, kann auch ein neuer gekauft werden.

5. Verliebt sich ein Schauspieler während der Proben oder bei der Aufführung in sein Gegenüber, das gerade auch eine Rolle spielt, so tut das den Gefühlen keinen Abbruch.

6. Wenn ein Stuhl auf einer Bühne steht, dem man die Lehne abgesägt hat, so stellt er einen Hocker dar.

7. Tiere und Pflanzen müssen auf der Bühne mit Respekt behandelt werden, auch wenn das Stück noch gar nicht angefangen hat.

8. Figuren mit Migrationshintergrund werden wie alle anderen von Schauspielern gespielt.

9. Ein Feuer auf einer Bühne benötigt unter anderem Sauerstoff.

10. Die Bühne endet dort, wo sie für beendet erklärt wird.

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