Sonntag, 29. Dezember 2013

Neujahresansage




Liebe Freunde, bald ist es soweit
dass ich mich aufbäume.

Ich sage euch: verpasst es nicht!

Bis dahin geht ein lauer Wind
ich halte höchstpersönlich
einen langen Schwatz
und sammle mich.

Das Licht meint es gut
Möwen, wohin das Auge reicht
im Fluss reden Enten im Schlaf

Wie lange werde ich verharren?
Nehmt Notiz, liebe Freunde.

Ich werde die Bahnhofshalle beanspruchen
benötigen werde ich ein grünes Tuch
vielleicht noch mehr. Einen zentralen Hebel
werde ich bestätigen.

Schützt die Schornsteine!

Katzen, zu Hülf!

Ihr: Haltet die Ohren fest!

Verhaltet euch angemessen der Pirsch

Esst gut!

Trinkt genug!

Haltet Taschenlampen bereit!

Schnorchel!

Wer von euch heisst Ochsenfuss?

Mit liebem Gruss

A.S.

Montag, 23. Dezember 2013

Krampus & Schampus


Hallo liebe Freunde mit Ohren,
auch für mich völlig überraschend ist heute Nacht ein Weihnachtsalbum von DIRTY CRYSTAL CAT erschienen. Es heißt "Krampus & Schampus" und drauf sind fünf nie gehörte DCC-Songs.
Frohes Fest ihr Lieben!


























1. Krampus und Schampus (3:12)
2. Kein Krippenplatz (4:01)
3. Wart ihr denn auch alle arty? (17:35)
4. Neujahr Altscheiß (3:44)
5. Der Luftrüsselsong (5:24)




Mittwoch, 18. Dezember 2013



Mein Schatten stützt mich
diese Tage im Licht

stabil gehe ich und schicke
ihn seitlich ins Land

seitlich ins Land die Wände hoch
und die Takte auf dem Boden

nimmt er ein. Klapp ich ihn mir zu
sind wir höher als die Bäume

schicken uns über die Zäune
und nehmen alle, die wollen, hinein.

Samstag, 7. Dezember 2013

Das Rauhe Haus



Horn bei Hamburg, 1830: Hier kommen die Bauern vom Land in die Stadt. Mit ihren Körpern gehen sie zuerst im Schatten der Deiche, dann werden die Mützen sichtbar, dann kurz das Gesicht, bevor die heranrasenden Wolken mit neuer Dunkelheit die Einzelnen zur Menge verwischen.
Weiß ich denn, wer sie sind?
Natürlich nicht, nein.
Weiß ich, wie weit sie gelaufen sind, durch das Land?
Nein, ich bin ja von hier, und sie kommen aus ganz anderen Gegenden. Wo die her sind, da war ich noch nie. Vielleicht kommen sie aus dem Königreich Hannover. Wenn aber in der Zeitung etwas aus dem Königreich Hannover z.B. berichtet wurde, habe ich es nicht gelesen. Ich habe nur die Berichte von hier gelesen. Wie es anderswo ist, weiß ich nicht. Ob ich es wissen müsste, ist eine andere Frage. Die Bauern aber müssen – da sie jetzt hier sind – sicher wissen, wie es hier ist: Sie sterben sonst vielleicht an den unbekannten Verhältnissen.
Hier kann es passieren, dass das Land plötzlich endet, denn im Land ist überall Wasser. Gräben, Flüsse, Tiefen. Die Elbe als äußerster Horizont allen Wassers, solange noch Land in Sicht ist.
Sieht der Bauer das Wasser? Sieht der Bauer den Fluss?
1830: Die Bauern sind frei. Der Staat sagt: Die Wirtschaftskraft der Bauern darf nicht durch Fronen und Abgaben herabgesetzt werden. Der Grundherr ist in der Beweispflicht, dass die Fron und die Abgabe notwendige Maßnahme ist. Es gilt der – widerlegliche – Grundsatz: Der Bauer ist frei. Jetzt muss der Bauer nur noch den Grundherren bezahlen, damit er von seiner Freiheit Gebrauch machen darf.
Die Ablösungstilgungskassen helfen zum Teil.
Noch 1914 bis 1923 müssen einige Bauern ihre Schuld tilgen, aber da ist es nur noch eine Formsache, weil das Geld, mit dem die Bauern bezahlen, durch die Inflation wertlos geworden ist. 1830 aber bleibt die Ablösung auf Jahrzehnte belastend. 1830 geht der Bauer als freier Mensch in die Stadt, drei Jahre später, 1833, müssen die ersten Kinder der in die Stadt gekommenen Bauern aus der sozialen und seelischen Verwahrlosung in den Armenvierteln befreit werden.
Sie kommen nach Horn, ins Rauhe Haus. Hier wohnen und leben sie jetzt. Hier werden sie auf ein Leben in Armut vorbereitet: durch Arbeit, aber auch durch das Feiern von Festen. Ein neu befreites – oder gerettetes – Kind wird mit einem Fest begrüßt, das zuvor sorgfältig vorbereitet worden ist. Die Kinder lernen ein Handwerk: die Schusterei, die Tischlerei, die Schneiderei, die Drechslerei, die Spinnerei, die Glaserei, die Malerei, die Druckerei. Die Landwirtschaft.
Die Arbeit im Rauhen Haus wird nicht vom Staat bezahlt, sondern von der christlichen Gemeinde, das heißt: vom Geld der Hamburger Kaufleute, die zuvor davon überzeugt werden mussten, es zu zahlen. Das hat der 25-jährige evangelische Theologe Johann Hinrich Wichern 1833 getan. Er stirbt dann 1881.
Über die Zeit vor der Aufnahme in das Rauhe Haus sollen die Kinder schweigen, nur ihr persönlicher Betreuer weiß etwas darüber.
So entsteht aus dem Geheimnis eine neue Gemeinschaft – eine neue Gemeinschaft gegen die alte Gemeinschaft, aus der die Kinder kommen, das heißt: gegen die Elendsgemeinschaft der Proletarier, gegen die zerbrochene Großfamilie, gegen das gemeinsame Dach im zuvor verlassenen Land.
Die neue Gemeinschaft des Rauhen Hauses bleibt auch bestehen, wenn die Kinder zu ihren Herkunftsfamilien zurückkehren. Die Kinder gehören ein Leben lang zu der Gemeinschaft des Rauhen Hauses. Manche von ihnen werden wieder Bauern und kehren zurück auf das Land, von wo ihre Eltern kamen.
Ich sehe nicht, wie sie von hier fortgehen, sie gehen wohl einzeln und zu einer Zeit wahrscheinlich, zu der wir alle noch schlafen. Sie gehen im Dunkeln fort.
Aber wenige Jahre später kehren sie zurück, diesmal mit Fahnen, das ist das erste, was man jetzt von ihnen sieht, die Fahnen über dem Deich, dann kommen ihre Waffen, dann erst der einzelne Mensch. Er fordert die Befreiung. Der Staat, der seine Freiheit festgestellt hatte, soll jetzt selbst ein freier Staat werden.
Da bin ich aber schon weg, das heißt, davon habe ich nur gehört oder gelesen.