Das war es, was ich sagte, damals am 25. Juni 2009, am letzten Tag unseres bisherigen Lebens, ich möchte Ihnen danken - nicht als meinen Lesern, sondern als denjenigen, die jetzt hier vor mir stehen und mir zuhören - dafür, dass Sie mich hierher in das Altkönigstift Kronberg nach Kronberg im Taunus eingeladen haben und mir die Gelegenheit geben zu Ihnen zu sprechen, gerne bin ich hierher zu Ihnen gekommen, von dort, wohin ich gerade erst wieder zurückgekehrt bin, in das Hotel Grunewald in Bad Nauheim, zurück also hinter die vernagelten Fenster des Hotels Grunewald - und ich möchte bei dieser Gelegenheit auch, wie stets, nicht versäumen, aus der Ferne, der größtmöglichen Ferne, die sich denken lässt, meiner Mutter zu danken, die vor meinem Umzug nach Deutschland verstarb, es ist jetzt bald einundfünfzig Jahre her.
Sie wissen, über mich wurde vieles gesagt, unter anderem hieß es, die Person, die ich wurde, das heißt diese öffentliche Figur, habe mich daran gehindert, mich im Privaten, d.h. als Mensch weiter zu entwickeln, fortzuentwickeln, da diese Art der Existenz, also diese Öffentlichkeit, der bald alles gehörte, was mich betraf, auch alles das von mir fernhielt, was dazu hätte führen können, dass ich mich aus einer zutiefst innersten Notwenigkeit heraus zur einer Welt hätte verhalten müsse, die mich auch verändern und so zu meiner Welt hätte werden können.
In der Tat habe ich seither ohne diese Welt, ohne überhaupt eine Welt auskommen müssen; einer Welt, die, was auch immer sie hätte sein können, zweifellos eine Welt der Menschen gewesen wäre und die das für Sie, Menschen, die Sie dort in dieser menschlichen Welt leben, auch zweifellos ist.
Ich spreche daher, da ich über die Welt der Menschen nichts sagen kann, heute abend auch nicht als Mensch zu Ihnen, sondern ich spreche zu Ihnen als Teilnehmer an einem Geschehen, das vielleicht bei den Menschen seinen Ursprung hat, sich ansonsten aber vom Menschen entfernt. Es ist ein Geschehen, an dem ich bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert beteiligt bin, und das Sie kennen, weil sie es über Personen wie mich bereits miterlebt haben, aus der Ferne, als Zuschauer, wie jetzt hier heute abend. Miterlebt, scheinbar, nicht wirklich erlebt, nicht als Menschen daran teilgenommen, d.h. nicht wirklich als die Menschen, die sie dann nämlich sein müßten. Es ist ein Geschehen, wie ich sagte, das sich vom Menschen entfernt, und dessen Teilnehmer keine Menschen sind, sondern Figuren in einer Öffentlichkeit, einer rätselhaften äußeren Welt, die man von ferne betrachtet, an der man nicht teilnimmt, an der aber, das will ich Ihnen sagen, bald alle Menschen teilnehmen werden, wirklich teilnehmen werden, als wären sie ich, als stünden sie wie ich hier auf dieser Bühne.
Wo alle Menschen wie ich sind, auf einer Bühne, dieser Bühne hier oder einen anderen, wird der Zuschauerraum leer sein, menschenleer. Die Menschen werden den Zuschauerraum verlassen haben und die Bühne betreten haben. Ob sie dann noch Menschen sind, kann ich nicht sagen, ich weiß nur, für mich wird dann auf dieser Bühne kein Platz mehr sein, denn es gehört zu mir, dass ich den anderen Menschen etwas voraus habe, dass ich hier, wo ich bin und Sie alle mich sehen und Sie alle mich hören, der einzige bin, und das wird dann nicht mehr der Fall sein. Aber wohin, das frage ich Sie, wohin sollte ich gehen. Als ich jung war, bevor ich der wurde, der ich bin, war ich ein Zuschauer wie Sie, Zuschauer bei einem Geschehen, dass mich von Ferne ergriff, mich bewegte und mitnahm, am Ende aber immer wieder dort zurückließ, wo sie heute stehen, und wo Sie, nachdem ich geendet habe, wieder stehen werden, im Zuschauerraum, bei sich, mit ihren eigenen Gedanken. Nichts schien damals darauf hinzudeuten, dass ich einmal nicht würde zurückkehren können - und es ist eigentlich bedeutungslos, weil unerklärlich, wie es dann doch hatte anders kommen können, und dieses ferne Geschehen zu dem hatte werden können, was es wurde, meinem Schicksal, ein Schicksal, das mich von mir selbst, als einem Menschen, entfernte, eine Tatsache, die aber ebensowenig mehr von Bedeutung ist, selbst für mich nicht, den es betrifft. Entscheidend ist, dass ich auch zu dem Zeitpunkt, wenn ich die Bühne einmal werden verlassen müssen, und das wird bald, sehr bald schon der Fall sein, nicht in den Zuschaueraum, zu mir selbst werde zurückkehren können, der Weg zurück ist mir versperrt. Er ist es jetzt, weil Sie noch immer dort sind und ich dort bei Ihnen bei Ihnen nichts sein kann, weil ich dort bei Ihnen nicht der wäre, der ich bin; und er wird mir auch dann versperrt bleiben, wenn Sie dort bei sich Platz gemacht haben werden und hier an meiner Stelle stehen, in einer noch viel rätselhafteren Welt, preisgegeben an ein Geschehen, das aus einer noch größeren Ferne über Sie und ihr Innerstes gekommen sein wird wie ein dunkles Schicksal - denn dort, wo sie jetzt stehen, und bald nicht mehr, dort im Zuschauerraum, in diesem Raum ohne Menschen, an diesem menschenleeren Ort, werden dann bereits andere stehen, andere Zuschauer, ein neues Publikum, der neue Grund, ferne Anlass, die unerklärliche Rechtfertigung für dieses dunkle Schicksal, über das ich bereits jetzt zu Ihnen sprechen kann und gesprochen habe, das jetzt schon ein wenig mein Schicksal ist und bald, soviel kann ich Ihnen sagen, Ihrer aller Schicksal sein wird und durch das mir der Weg zurück versperrt sein wird, der Weg zurück dahin, von wo ich ursprünglich kam und von wo aus ich insgeheim auch jetzt zu Ihnen spreche.
Wer sind sie, diese neuen Zuschauer, diese ferne Anlass und finstere Grund, welche bald den Saal bevölkern werden, nachdem alle Menschen ihn verlassen haben - wer sind sie? Es sind keine Menschen, es werden keine Menschen sein können, den sonst hätten Sie hier dort bleiben können, wo Sie jetzt sind, oder ich hätte - so unwahrscheinlich es ist - zu Ihnen zurückkehren können und wir hätten gemeinsam an diese Stelle hier geschaut, wo ich jetzt vor Ihnen stehe, und wo dann jene anderen Zuschauer ihren Auftritt hätten, vor unseren Augen, sie, die dann auch keine Zuschauer wären, sondern seltsame Wesen, zu unserem Vergnügen da hin gestellt und in der vollen Gewalt unserer Betrachtung. So wird es nicht sein. Sie werden nicht auftreten - sie werden schon da sein, bald schon, plötzlich, keine Menschen, wie Sie es sind und wie ich es immerhin einmal war, worauf ich noch immer mit jedem Wort, jeder Bewegung meines Körpers, mit dieser Frisur, die Sie kennen, und diesem Gesicht, das Sie kennen, hinweise und hinweisen muss, auf diese meine Herkunft von den Menschen, von Ihnen. Die Herkunft dieser anderen aber, Ihrer Nachfolger und auch der Ort, von dem sie kommen, wird unbekannt sein, sie werden aus einem Nebel über uns kommen, der uns plötzlich umhüllt, dieser Nebel, der unser Schicksal sein wird, da er uns von Ihnen trennt, von ihnen, die doch der Grund, die Rechtfertigung für alles sein werden, was dann hier mit uns geschieht, so wie Sie, die Sie jetzt hier vor mir stehen und mir zuhören, jetzt gerade in diesem Moment der Grund für das sind, was hier mit mir geschieht und was Sie aus ihrer Ferne heraus, aus ihrer menschlichen Welt heraus miterleben können, ohne wirklich teilzunehmen an mir, ohne dass Sie es müssten. Die Ferne aber, die Ihr Schicksal ist, dem keiner von Ihnen entgeht, wird größer sein, als die Ferne, die mich jetzt von Ihnen trennt, und zutiefst furchterregend, und Sie werden in ihr nicht als Menschen bestehen, denn die Augen, die Sie betrachten, aus dieser größeren Ferne heraus, und diese Ohren, die Ihnen zuhören, diese Augen und Ohren, werden nicht die Augen und Ohren von Menschen sein, es werden nicht einmal Augen sein oder Ohren, und die da schauen oder hören, wenn sie es tun, haben nicht, wie ich, ihren Ursprung bei den Menschen, und nichts, was sie tun, wird auf die Menschen hinweisen und ihren ursprüngliche Ort, der verloren sein wird, Sie nämlich, Sie werden verloren sein, Sie werden ohne Ort sein und verloren.
Und wohin soll ich gehen, ich, der ich hier zu Ihnen spreche? Ich kann nirgendwo hin, nicht zu den Menschen, nicht an diesen Ort, wo dann keine Menschen mehr sind, nur jene anderen, die von dort aus auf uns schauen. Ich werde nur, ohne dass ich irgendwohin kann, von wo ich zurückkehren könnte, zurückkehren, wieder und wieder, denn dass muss ich, zurückkehren, weil es keinen Ort für mich gibt, um von dort, um dorthin zu verschwinden, und es wird, wenn ich zurückkkehre, so sein, als ob ich nicht da bin, und doch werde ich da sei, und es wird so immer ein Unheil sein und ein Zeichen, dass es bald wieder soweit ist und Menschen verschwinden, dass sie fortgehen, ohne dass sie es wollten, oder dass sie einfach fort sein werden und fehlen, ohne dass jemand weiß, wohin sie verschwunden sind oder verschwunden sein werden.
Ich sage immer, dass sie es werden - werden, sage ich, denn es ist die Zukunft, von der ich spreche, nichts also, was Ihnen bekannt ist, nicht einmal mir, eine Zukunft, auf Sie sich nicht vorbereiten können und auf die auch ich Sie nicht vorbereiten kann, mit meinen wenigen Worten, sondern die eine Zukunft ist, die uns ereilen wird, in wenigen Stunden schon, am 25. Juni im Jahr 2009, heute, am letzten Tag unseres bisherigen Lebens.
Es wird dann auf jene ankommen, die mich gesehen haben und durch mich das Unheil, von dem ich spreche und von dem ich dann nicht einmal mehr werde sprechen müssen, und die trotzdem bleiben, die ausharren, im tiefsten Schrecken, einem Schrecken, den sich kein Mensch ausdenken könnte, den aber jene, die ich meine, jene wenigen, auf die es ankommt, als Menschen erfahren, durch den sie hindurchgehen werden, und keiner kann sagen, ob sie am Ende als Menschen wieder herauskommen, als lebendige Menschen den Schrecken erlebt und überstanden haben werden und trotzdem noch leben, was genau das sein wird, worauf es ankommt: dass sie trotz allem noch leben.
Die meisten Menschen aber, die gelebt haben, werden einfach verschwinden und fortgehen.
Sie werden beschließen, dass es nicht zu ertragen ist, denn es ist nicht zu ertragen, es wird nicht zu ertragen sein, werden sie sagen, wo auch immer sie sind.
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