Donnerstag, 3. Juli 2014
[...] Der Revolutionsführer Dr. Silvestro blieb lange vor einem krüppeligen
Baum stehen und starrte ihn an. Dann trottete er weiter, auf den stillgelegten
Springbrunnen zu, ein kurzes Metallrohr, das in der Mitte eines ovalen Bassins
aus hellem Beton steckte. Auch das Rohr starrte er lange an, als müsste er sich
immer wieder aufs Neue der Anwesenheit einiger Dinge vergewissern, die ihn
umgaben. Dieser Mann war am Ende angelangt, schlicht und einfach, oder
vielleicht stand er auch kurz davor, neugeboren zu werden, ein riesiger
Nachtfalter, der aus dem Kokon seiner Steppdecken brechen würde, jede Sekunde
konnte es soweit sein, wer wusste das schon? Trotzdem war es mir unbegreiflich,
wie sich eine Befreiungsarmee, deren Kämpfer in diesem Moment die Hänge herab in
Richtung Gebirgsvorland kullern mussten, weiterhin auf seinen Namen stützten konnte.
Auf dieser Insel gab es nichts zu erobern, nichts zu verteidigen, nichts zu
halten und nichts zu holen. Diese ganze Revolution war idiotisch, weil sie zu
nichts führen würde, weil ihr ganzer Hintergrund und ihre Stoßrichtung so
völlig unklar waren, weil Antoinette von Schenk und X Wohlff und die Soldaten
des Freien Gebirges da draußen allein waren, um gegen Emmy Jaeger und ihre Gespenster
der Republik zu kämpfen, die ebenso allein waren, und das Schlachtfeld, auf dem
sie sich zu treffen hofften, war ein nebliges Moor, das zuerst sie alle und
danach sich selbst verschlingen würde, bis es nichts mehr gab außer warme Finsternis,
abwesende Sterne und ein Knistern in der Luft. [...]
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