Samstag, 24. Juli 2010

HENDY (auf einem erratischen Betonblock stehend):

Am Anfang war die Republik

Ganz am Anfang

Und es stellt sich die Frage

hier

jetzt

Ist sie noch

Diese Republik

Ist sie noch

Ist sie noch

Lange Pause.

Ich bin Hendy

Sohn eines Entstellten

namens Abul

Meine Mutter starb

einige Minuten vor meiner Geburt

Man schnitt mich aus ihrem eiternden Leib

und mein Vater

Abul

war sehr verwundert

wie klein ich doch war

nach meiner Geburt

ein Wurm nur

ein Winzling

und wie schnell ich doch wuchs

Nur ein Jahr später sah ich schon

ganz anders aus

ganz anders

und größer

mit Zähnen

und Haaren

und mein Gesicht glich

dem eines Kindes

eines normalen Kindes

Noch heute beschäftigt ihn das

und er kann nicht glauben

dass ich es bin

ein Säugling

ein Kleinkind

ein wachsender Mensch

Längere Pause.

Ich bin Hendy

Sohn des Abul

dem ein Auge fehlt und der Unterkiefer

und dessen Hände aussehen wie Füße

und dessen Füße zerfressen sind

von Maden

und eingewickelt sind

in blutige Lumpen

Ich bin noch sehr klein

und weiß noch nicht viel

von der Welt

und ihren Menschen

Und auch von den Pflanzen

und Tieren

weiß ich nicht viel mehr zu sagen

als dies

Sie sind

für einen Augenblick

hier

So wie wir

Ich

und mein Vater

der entstellte Abul.

Längere Pause.

Dies hier ist die Republik

Wir haben sie uns nicht ausgesucht

Sie war schon da

bevor wir kamen

Doch es stellt sich die Frage

Ist sie eigentlich noch

so wie wir sie kannten

Diese Republik

Ist sie eigentlich noch

Ist sie eigentlich noch

da

HENDY steigt herab und verschwindet von der Bühne.

Aus: Sascha Macht - Brazzaville, ERSTER AKT: DIE GROSSE FURCHT

1 Kommentar:

  1. Lieber Sascha Macht, aber das, was Hendy von den Pflänzli weiss, das ist doch sehr viel, sehr viel. Oh.

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