Als er aber
uns sah, ging er auf einen Berg und setzte sich; und wir traten zu ihm. Und er
tat seinen Mund auf, öffnete eine Büchse Sprite Zero und sprach: Dies ist die
Welt, sie ist von großem Interesse für den Menschen.
Tja.
Und er führte
uns in den Krieg.
Auf der Welt
gibt es die Natur. Zu ihr gehören die Landschaften. In den Landschaften gibt es
Tiere, Pflanzen und Bodenschätze. Es gibt dort Städte und Dörfer, Straßen und
Wege, Häuser und Autos, Laternen, Müllkippen, Parkplätze, Schnellrestaurants,
Bordelle, Museen, Schlösser und Gefängnisse, Schulen und Opiumhöhlen,
Waschsalons. Es gibt die organisierte Kriminalität und den internationalen
Terrorismus. Es gibt das Weltfinanzsystem, die Drogen, die
Separatismusbewegungen und den Rock ‘n‘ Roll. Es gibt Sekten, Vergnügungsparks
und Psychiatrien, die Auferstehung von den Toten, das Internet, die
Waffenindustrie, die Dinge des täglichen Bedarfs, Gewitter und Humor, Kerzenlicht,
Pornofilme, Soldatenfriedhöfe und Unterhaltungsliteratur. All dies gibt es, es
ist vorhanden, es ist verfügbar, es geht euch etwas an.
Was ist
wichtig? Ist das wichtig?
Warum? fragte
jemand aus unserer Mitte.
Die Nacht
senkte sich auf uns herab. Nichts konnten wir dagegen tun, also stieg er mit
uns hinab in die Finsternis, denn durch sie, so waren seine Worte, mussten wir
hindurch, denn in ihr ist ein Pfad verborgen, sie ist der eigentliche Weg.
Liebe
Die Stille:
was nicht geschrieben wurde und trotzdem da ist.
Das war der
Plan.
(tief unter
der Erde, im kalten Raum zwischen den Sternen und in den Krisenregionen dieser
Erde)
Ich weiß es ja
auch nicht.
Die größte Scheiße habe ich schon geschrieben. Die größte Scheiße werde ich noch schreiben.
Doch!
Vor den Toren der
Militärakademie fanden wir uns wieder. Nach der Ausbildung zogen wir in den
Krieg. Wir saßen im stinkenden Inneren des Trojanischen Pferdes, ritten auf den
Elefanten Hannibals, plünderten Rom, fielen in Jerusalem ein, jagten die
Katharer ins Meer, besiegten den Deutschen Orden, düngten das Amselfeld mit dem
Blut unserer Feinde, opferten ihre Herzen dem Kolibri des Südens, verwüsteten
die Ländereien unserer Brüder, brannten Tenochtitlán nieder, führten das
Bauernheer an, versenkten die Spanische Armada, gaben Wallenstein in Eger den
Rest, schlachteten die Völker bei Leipzig, erstritten die Unabhängigkeit
Mexikos, zerschlugen in Gettysburg das Heer der Konföderation, stürmten die
Mauern der Burg Wakamatsu, zogen uns auf die Siegfriedstellung zurück,
befreiten Finnland, teilten die irische Insel, besetzten die Mandschurei,
führten die Heeresgruppen bis an die Ränder der Welt
die entsetzlichen Augen (z. B.
die der eigenen Mutter)
Da sprach er: Weil ihr alles
auf einmal sehen sollt, und alles auf einmal wissen müsst, weil alles mit allem
zusammenhängt, und kein Ding existieren kann, ohne ein anderes Ding zu
berühren. Alles klaro am Kilimandscharo?
einfach nichts mehr sagen zu
können (zum einen, weil mir nichts mehr einfällt, zum anderen, weil es so
schwer ist, sich verständlich zu machen)
Wer?
Aber die Finsternis war nicht
so, wie wir sie uns immer vorgestellt hatten. Er führte uns zu einem Ort in
einer öden Landschaft, wo Staub und Sand das weiße Sonnenlicht gleißend
reflektierten. Zwischen kahlen, hellen Hügeln gingen wir einen Schotterweg
entlang, an dessen Ende sich eine verlassene Farm befand. Die Fensterscheiben
des ehemaligen Wohnhauses waren eingeschlagen, die Tür war aus den Angeln
gerissen worden, im schwarzen Eingang zum Stall lag die verdörrte Hülle eines
toten Pferdes. Insekten sirrten herum, eine Klapperschlange wand sich zischelnd
im Sand, das Holz, aus dem jemand die Scheune gezimmert hatte, war faulig und
stank. Ein alter Brunnen ragte aus der Mitte des Hofes empor, feucht glänzten
seine dicken Steine. In der Nähe endeten die Reifenspuren eines großen
Fahrzeugs. Er ging mit uns zu diesem Brunnen und bat uns hineinzusehen. Wir
waren so arglos, nichts, so glaubten wir, könne uns erschüttern. Der Brunnen
war finster, seinen Grund sahen wir nicht. Er gab jedem von uns eine
Taschenlampe und bat uns, sie einzuschalten. Wir weigerten uns nicht und taten,
worum er uns bat. Tief unten im Brunnen, im schlammigen Wasser, sahen wir die
blutigen Körper der einundzwanzig Mariachis zwischen dem geborstenen Holz ihrer
Gitarren liegen, nackt, die Köpfe von Kugeln durchbohrt. Wir löschten unsere
Lichter und fragten uns still, wer sie dort hineingeworfen hätte, und wir
fragten uns, was diese armen Teufel angestellt hätten, um an diesem Ort auf
diese Weise zu enden, und wir fragten uns, weshalb man uns Taschenlampen
gegeben habe, und wir fragten uns, warum niemand eine Antwort auf unsere Fragen
habe, und schon im nächsten Augenblick wölbte sich die Dunkelheit aus dem
Brunnen heraus und umschlang uns, wölbte sich auch der Himmel auf die Erde
hinab und verschluckte uns.
Ein Buch. Pfff …
Denk nach, du Idiot.
... nun ja ... Form eben.
das Institut für Literatur „Johannes
R. Becher“ (1955 – 1993)
Nichts gab uns mehr Halt, und
wir schwebten zwischen den kalten, toten Sternen, die irgendjemand dort
hingetan hatte, versanken in den schwarzen Wassern eines unendlich tiefen
Ozeans, fühlten das Polster der Sessel in einem stockfinsteren Kinosaal, in dem
kein Film lief, in dem niemals wieder ein Film laufen wird
Nicht gut.
Als ich den Studenten sagte:
Hauptsache, ihr habt Spaß beim Schreiben.
Ganz woanders haben die Frauen
des Dorfes am frühen Vormittag die Wäsche aufgehängt – auch dies schützt sie
nicht vor dem Tod.
Verknüpfungen, Baby!
Und wenn es wirklich so ist,
dass sich die Dinge, wenn die Nacht hereinbricht, zu einem undurchdringlichen
Dunkel verbinden – wieso hat uns dann niemand darauf vorbereitet?
Ich schäme mich so.
Übrigens gleicht der Stein am
Wegesrand nichts und niemandem; er liegt da einfach so, ganz für sich, und
niemand weiß, was er im Schilde führt.
Es gibt auf der Welt eine
Vielzahl erhebender Wunder und hoffnungsfroher Ereignisse, die es zu
beschreiben gilt, unbedingt, in Geschichten, deren prächtige Wortgewalt und
moralische Makellosigkeit jedem noch so trübsinnigen Zeitgenossen die
Zuversicht geben, als herrlicher Mensch friedvoll durch diese überwältigende
Welt gehen zu können, ohne Sorge, ohne Angst, ohne Entsetzen. Es gibt jedoch
Geschichten, die dies nicht leisten und nicht bieten können, denn ihr Anfang
entspringt der Schande und dem Ungemach wie die faulige Kröte, deren
glänzendes, pickliges Köpfchen aus der Jauchegrube taucht, und ihr Ende kehrt
in den Schrecken und die Bestürzung zurück wie der stinkende, haarige Arsch des
Teufels, der langsam und wohlig vibrierend in der von Eiter und Blut und Tränen
dampfenden Badewanne der Hölle versinkt. Ach, wie lieb und teuer mir gerade
ebendiese Geschichten sind, ich kann mir ja auch nicht helfen.
Wie soll ich das nur alles
schaffen?
Igitt.
Ich gehe.
Freunde. Und Feinde.
Ich bleibe.
Nie wieder Frieden, nie wieder
Langeweile!
Kosmischer Schrecken
Hör auf zu schreiben.
Ich kenne viele Geheimnisse.
Ich bin viel herumgekommen. Einiges habe ich mit eigenen Augen gesehen: Die
große Insel Florida, die verschneiten Wälder um Windhoek, die mit geschmolzenem
Glas überzogenen Ebenen des Ferghanatals, die Vulkane in den Vororten Brüssels,
Sklaventänze im Hurricane Valley, den Leopardenkönig von Nyköping, die
Entstehung des Purpurnen Meeres in Tunguska, das ferne Reich Neu-Aragon, eine
Pilzfarm am Fuße des Piz Linard, die gewaltsame Absetzung des Obersten
Ministers von Shēnzhèn Shì, die Entdeckung einer neuen Landzunge im Mittelmeer,
die letzten unbeugsamen Überlebenden Deutsch-Indiens, die Hekatombe nach der
Rettung Wellingtons vor den Fluten, die Wiedergeburt Washingtons in einer Gasse
Jakartas, den Einschlag des Asteroiden „Cheiron“ in die Tasmanische See, die
Ankunft des Gegenpapstes in Salar de Talar / Atacama, mallorquinische Bauern,
eine blaue Sonne anstarrend, die Armee der Hermaphroditen und ihr Marsch auf
Korinth, ein labyrinthisches Tunnelsystem unter den Schweizer Bergen, den
Einsturz des Palastes von Avignon, die blutige Schlacht um Nowaja Semlja, die
Vertreibung aller Kinder von der Insel Shikoku, den immerwährenden Zyklon „Winston“,
den Auszug der Kalbsgötzen aus Kanaan, die Belagerung und restlose Zerstörung
der Universitäts- und Hansestadt Greifswald, Aufstieg und Fall der alten Insel
Ellesmere, den sterbenden Dichter in Blanes, fünf Fischmänner in der Bucht von
Køge, den Aufstand der achtunddreißig Hofzwerge Schönbrunns, die Entwertung der
spanischen Golddublone, die drei Tage währende Finsternis im Lande Lazio, die
Ermordung der Comtesse von Aquitanien, die Einrichtung des ersten
Fernsprechnetzes in Paramaribo.
Interessier dich doch mal für
was, du Arschbanane.
Was?
alles wollen, alles können,
alles müssen
totale Verweigerung
Billy the Kid (1859 – 1881)
Die dunkle Welle der
Kommunikation, die an die Stirn des Lesers schlägt.
(Jetzt waren
wir uns ganz sicher: Es gibt Lügen, es gibt Schmerz und es gibt Träume. Ein
Sandsturm kam auf und vergrub uns. Reglos lauschten wir in der Dunkelheit, aber
es war nichts zu hören. Später, viel, viel später, gruben uns Außerirdische
aus. Sie staunten über unsere Hässlichkeit.)