Dienstag, 1. Januar 2013


Das Jahr 2013 begann hingegen so: dass ich am 1. Januar gegen fünf Uhr morgens aufwachte, als draussen eine Frau schrie, dass die Frau schrie nein, nein, begann also so, dass ich aufstand und erst aus dem falschen Fenster, das nämlich den Platz überblickt, schaute und keinen Menschen sah, aber weiterhin schrie die Frau ganz in der Nähe, so dass ich auch noch aus dem zweiten Fenster schaute, das der relativ steil abfallenden Einfahrt in die Strasse zugewendet ist, dort sah ich die Frau, die schrie oder vielmehr eine Gestalt, die auf der Strasse lag, sie trug einen schwarzen Wintermantel mit einem Gürtel um die Taille, so viel erkannte ich, es war noch nicht hell geworden, auf ihr kniete ein Mann, den ich nur von hinten sah, er packte die Frau dann an ihren Armen und zog sie, die auf dem Asphalt lag, in die Richtung des Platzes am unteren Ende der Einfahrt, es schien ihn keine grosse Anstrengung zu kosten, er hob ihren Körper dann leicht vom Boden auf und drückte sie gegen eine der Betonstufen, die den Platz umgaben, der Kopf und der Rücken der Frau lagen nun auf dieser Stufe, ihr Körper stark rückwärts gebeugt, der Mann schien sich mit grossem Gewicht auf ihren Brustkorb zu stützen, die Frau schrie, nein, nein, versuchte ihr Becken in die Luft zu stemmen, um nicht gegen die Kante der Betonstufe gedrückt zu werden, der Mann, der eine Kopfbedeckung und eine helle Hose trug, liess von ihr ab und schrie, als die Frau versuchte aufzustehen, stiess er sie mit beiden Händen gegen die Brust, so dass sie wieder auf die Stufe fiel, ich hatte das Fenster geöffnet, einige Fussgänger gingen am oberen Ende der Einfahrt vorbei, nur dunkle Umrisse, die Frau entwischte und rannte auf das steile Strassenstück zu, aber der Mann hatte sie mit wenigen Schritten eingeholt, der Mann schrie, die Frau lag vor ihm auf dem Asphalt und schütze mit den Händen ihr Gesicht, der Mann sagte einen letzten Satz und wandte sich dann plötzlich ab, folgte dem Strassenverlauf mit schnellen Schritten, die Frau blieb einen Augenblick lang liegen, dann stand sie auf, sie nahm ihre Tasche, die ich erst jetzt überhaupt sah und rannte die Einfahrt hoch, so schnell, schien mir, wie sie konnte und bog links in die Hauptstrasse ein, ich ging zum zweiten Fenster, das den Platz und den weiteren Strassenverlauf überblickte und sah den Mann, der sich erst noch entfernte, aber dann plötzlich kehrt machte, er kam langsam auf den Platz zu und erst als er den Platz und die Einfahrt wieder überblickte und erkannte, dass die Frau verschwunden war, dass die Frau wider Erwarten nicht auf ihn gewartet hatte, begann er zu rennen, er rannte in hohem Tempo die Einfahrt hoch und verschwand ebenfalls auf der Hauptstrasse. Nur einen Moment später hörte ich eine Stimme, die in einiger Entfernung wiederholt Abre la puerta rief, ich war mir aber nicht sicher, ob es sich bei der Stimme um diejenige der Frau handelte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen