Donnerstag, 14. Januar 2010

Nachtrag vom 17. November 2009

Liebe Freunde,
ich habe jetzt eine halbe Stunde Zeit, um Euch alles zu schreiben, was ich Euch schreiben will. Es ist gut möglich, dass die Zeit nicht reicht, dann dauert es eben ein bißchen länger, bis ihr wieder von mir hört.
Es geht bei allem natürlich darum (ich will versuchen, so zu schreiben, dass ihr es diesmal auch alles lesen könnt) um unser großes gemeinsames Vorhaben um unseren Plan, zu Fuß die unbekannten Gegenden zwischen der einen Stadt und der nächsten zu durchqueren (d.h. von Leipzig nach Berlin) DER MARSCH AUF BERLIN (ein Begriff, den ich doch diskutieren möchte, auch wenn er zweifellos der richtige ist, für das, was wir vorhaben, aber ihr wißt ja, Italien, also das ist ich will wenigstens wissen, auf welche Weise ich die Kontrolle abgebe, über das, was wir tun wollen, wenn es schon Kunst sein soll, wie ihr es fordert).
Hier war es also auch so - auch wenn sonst alles anders war, die Art der Fortbewegung immerhin war dieselbe - wir standen auf und verließen den Raum und gingen durch eine gingen in eine Landschaft, hier setzten wir unser Gespräch fort. Das wird zweifellos auch bei uns so sein, auch wenn wir nicht, wie wir es hier taten, im Kreis zu unserem Ausgangspunkt zurückkehren, sondern uns schließlich in einer belanglosen Berliner Straße schließlich ohne rechten Abschluss einfach verlaufen und zerstreuen und nicht wissen werden, wohin; nachdem wir bereits alles es wird so sein obwohl wir und auch unser Ausgangspunkt - was immerhin doch eine andere Situation schaffen wird - kein geschlossener Raum sein wird, sondern eine schneeweiße Laube, ein Dach und doch nach allen Seiten offen, ein Fest zu unserer Verabschiedung, feierlich, hochgestimmt gute Stimmung, eine Kapelle spielt unsere Lieblingslieder auf ihre unverwechselbare Art, ein großer Trubel auf der grünen Wiese, an den Rändern auch Bratwürste und lose Reden, und wir laufen also los und setzen unser Gespräch fort, wie wir es begonnen haben, immer wieder von neuem auf dieselbe Weise begonnen und begonnen haben.
Versteht mich nicht falsch - aber das macht ihr nicht, oder? auch wenn ich es nicht wissen kann - doch das wird mir jetzt selbst zuviel - ich will es auch, dass wir diese Gespräche fortsetzen, solange wir können, es ist notwendig, dass das Gespräch auf die alte Weise weitergeht. Am Ende müssen dürfen es wieder nur wir vier sein - Wolfram, Sascha, ich selbst und Roman, der die Kamera hält & all die anderen, die woanders sind und viel sinnvollere Dinge tun und die wir herzlich grüßen und herzlich drücken - und das Gespräch, das wir führen seit unvordenklicher Zeit. Ja. Aber jetzt, d.h. später, dann also, wenn wir losgehen, wenn es losgeht, die neue Zeit, von der ich spreche, dann wird es anders sein müssen. Es wird notwendig sein, dass, wenn wir wieder auf der alten Bahn uns einschwingen, dass wir dann geradeaus weg durch die Felder der Priegnitz fortwandern, wenn die Priegnitz also in dieser Richtung liegt, was wir natürlich vorher nicht wenn durch wissen dürften, und dass Sascha Wolframs unnachahmlich Rede durch die Laute* australische Helmkasuar - jener dieser arme, flugunfähige Vogel - während der Balz äußert, die Laute also, und ich will auch ein Lied singen, das ihr geschrieben habt & es soll schön klingen, aber im falschen Moment, und es wird eine große Verwirrung sein, die uns auf die gerade Bahn aus der Bahn wirft, über Umwege wirft, Umwege, Unwege, über herrliche Flüsse, unbekannten Menschen entgegen, ach, diese armen Menschen - !
Es stimmt schon.
Ich denke in letzter Zeit viel über die Menschen nach, die Menschen,

diese armen, guten Menschen. Diese Menschen, die eingezwängt sind in einem Talkessel. Die sich verlaufen haben im Stadtwald. Die unter den Unterführungen verharren. Die sich auf den Türmen verschanzt haben. Die sich auf den Rückbänken ihrer Autos verstecken. Die in den stillgelegten Stollen umherirren. Die sich im Gras auf dem Hügel verbergen. Die stumm auf einem offenen Feld stehen und in den Himmel blicken. Die gerade aus der öffentlichen Verwaltung gekommen sind und gar nicht wissen, wohin.**

Sie werden es, wie Sascha wußte, niemals wissen. Wir aber wissen es ja - auch von der Karte her, die wir nicht kennen - und aber wir dürfen es nicht vergessen und wir müssen es dann wieder vergessen, damit wir wieder werden, wie die Menschen sind! (Wir sind ja Menschen

*, die der
** Aus: Sascha Macht: Einige bekannte Vorfälle während der Schlacht

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