Donnerstag, 2. September 2010

Rede zum Marsch von Judith Keller

Meine Damen und Herren, ihr alle, ihr Menschen, ihr Versammelten –


Du flaumige Welt!


Wir wollen in deine Fläche schreiten,

die abgestürzten Kühe streicheln,

die hungrigen Steinböcke trösten,

wir wollen zuschauen dem Gras, dem Weg,

Meine Damen und Herren,

Wir wollen, wir wollen, ich will, wirklich,

ich will mich nicht finden, nicht fürchten

in dieser Gegend der Wölfe,

ich fürchte die Wildnis, die Zähne, die Nässe,

der ungetüme Dampf der Socken, die Zahnbürste.


Doch!


Die Gegend wird Bedeutung finden

und zu uns kommen,

als von unseren Füssen Gelesenes,

die da gehen werden und verstehen,

in Wanderschuhen,

drückend und tragend.


Ich möchte Zeit finden,

dass das Anwesende entstehe,

ich möchte uns dazu brauchen,

sowie, in der Gegend, auf der Strecke,

das zwischen den Städten Liegende liegen sehen,

so dass Leipzig und Berlin zwischen der Strecke liege.


In das Liegende hinein will ich wollen wir gehen.


Und dann, verehrte Zusammengekommene:


Die tannigen Ausläufer

Die behaarten Pfoten!


Was für Wesen


Wir werden sein,

luftverzogen

im löcherigen Tannenbart.


und


Die Schneeflecken, die Grünseeenten

die geteerten, nicht geteerten Bahnen

Strecken, Büschel voll Blaubeeren

Blaubären auch sonst

Gefiedertes und Tiere mit Fell

Rinden Raupen Rillen

Unzählbar viele, ungezählte

Dem Zählen Abgewendete


Gelesen gegangenes, Gelassenes.


Meine Damen und Herren, verehrte,


ausserdem:


Sehen wir

die Wurst Essenden auf dem Tannengipfel

die Hinkenden Schreitenden

die Zeltaufsteller Fürlimacher

die Suppenlöffler Regentölpler

die Taschenlämpler Beinebaumler

- das lose Häufchen -

die Wortanfacher, Wörtlizüsler,

dass es funkt und zischt

in der Nacht und am Tag

über allen Zipfeln?


und


Hören wir, werden

wir hören,

den Klang

des Abends die Sanftmut,

durch das abwesende Farn,

hindurch sich dämmernde,

Klang des Schnörregiigelis?


Das Geschriebene die Flächen

die Zipfel

die Anordnung der Zehen?


Meine Damen und Herren!


Hören wir das alles?


Und wissen wir

von den

Schleiern,

und dem Strätzen,

das die Wiese verzartet, verwettert,

schraffiert

mit dampfenden Strähnen

und weissem Geschwader -

wird sie deutlich sein, ohne Zweifel,

gegensätzlich

zu vielem,

was wir dachten,

aus uns heraus

im Wunsch?


Oder werden wir uns verteilen, separieren,

abkommen vom Weg und eine Gleichmässigkeit

schaffen von uns

in der Welt, so weit voneinander gehen

wie möglich?


Wir nähern uns nicht

wenn wir in den Schichten gehen

sehen weiter

wie fremd

es flattern unsere Menschenfahnen

und unsere Ohren sind

voll Wind


Meine Lieben


Vom Baum aus gesehen

bewegen wir uns

stetig und Spuren

des Geflossenen Geschobenen

Tannenstoppeln

unbeeindruckt

bedrücken mich, uns?


Alles um uns Verteilte

wird zur Ordnung werden

für dieser Strecke

sandiges Schütteln

aus der Wiese, zittern.


Ein Gefühl für Raum,

meine lieben Anwesenden,

durch das Verstellte,

wird uns möglicherweise

etwas angehen.


Eine Übersicht nähert sich

wegen der Langsamkeit.

Aber keine Übersicht!


Dünne Windpflanzen

suchen

das Gleichgewicht

immer

wenn wir schauen.

Wirklich.


Meine Damen und Herren!


Ich möchte sagen,

ich möchte sagen:


Wir haben nichts verloren

In dieser Gegend

ausser uns

In dieser Gegend!


Wo ist diese Gegend?


Aber!

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