Im Oktober 1983 fand der Landwirt
Johann Egli auf einer der Zementplatten, mit der die Auffahrt zu seinem Hof in
Richisau ausgelegt war, einen eingetrockneten Kuhfladen in Form des Kantons
Appenzell Innerrhoden. Oder genauer: Einen großen, dicken Haupthaufen, sowie
zwei weitere kleinere Spritzer in der Form der beiden Ortsteile Obereggs.
Johann Egli besaß damals (schon seit längerer Zeit spielte er mit dem Gedanken,
die Viehwirtschaft ganz einzustellen) nur noch acht Rinder, es war aber
natürlich für ihn trotzdem nicht mehr feststellbar, von welcher der Kühe der
Fladen stammte, da er schon bereits seit zwei oder drei Tagen in der Auffahrt
gelegen haben musste. (Und selbst wenn es feststellbar gewesen wäre, so wäre
dieses Wissen heute nutzlos, da Johann Egli seinen Rindern keine Namen gab. Und selbst wenn sie einen Namen gehabt hätten, so wüssten
wir jetzt vielleicht den Namen der Kuh, aber der Name einer Sache hat mit der
Sache letztlich wenig zu tun und alle Kühe Johann Eglis sind, so wie er selbst,
längst von der Welt verschwunden). Jedenfalls löste der erstaunte Johann Egli
die drei unterschiedlichen Fladen behutsam mit einem Spachtel aus Weißblech vom
Untergrund und brachte sie ins Haus, wo er sie (in Leintücher eingewickelt)
verwahrte und Gästen des Hauses gelegentlich zeigte. Obwohl Egli kein großes
Aufheben darum machte, sprach es sich natürlich schnell herum und bald
berichtete auch die lokale Presse über die getrockneten Ausscheidungen, was
einerseits zu Erstaunen in der Bevölkerung, in erster Linie jedoch zu Spott und
Häme führte. Besonders unter Linken, Möchtegernkünstlern, Arbeitsverweigerern,
Schachspielern, Motorradrockern, Schreinern und Gymnasiallehrern führte der
Gedanke, der Kanton Appenzell Innerrhoden sei etwas, was stinkend aus dem
Hintern eines Rindes gefallen sei, zu großer Belustigung und Spott. Im ersten
Augenblick vielleicht nachvollziehbar, so zeigen diese Reaktionen aber auch,
wie sehr Niedertracht, Dummheit und Ignoranz in der Bewertung solcher Dinge
eine Rolle spielen. Denn bei behutsamerem Nachdenken bedeutet der Sachverhalt
ja nichts anderes, als dass der Kanton Appenzell Innerrhoden in den Gewerken
der Natur (und seien es nur die Eingeweide einer Kuh, aber was heißt denn
‚nur‘!) immer schon enthalten war, dass seine Form und sein Sein natürlichen
Ursprungs und sogar – je nachdem, wie man es mit der Religion hält – in der
Schöpfung bereits mitgedacht war. Aber natürlich ist es einfacher, zu spotten,
als sich wundernd und nachdenkend den Dingen zuzuwenden. Der Fladen befindet
sich auch heute noch im Besitz der Familie Egli, die ihn aber aufgrund der
vielen negativen Reaktionen nicht mehr vorführt.
Dass der Fladen allerdings in
Richisau, also im Kanton Glarus, und nicht im Kanton Appenzell Innerrhoden
selbst entstand, ist vermutlich Zufall. Zumindest habe ich keine Erklärung
dafür.
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