Freitag, 30. Oktober 2009

Lilo, ein von mir
ausgedachtes Nashorn
geht Baden
im Fluß.
Alles in allem Gute Nacht!

Das Verschwinden des St.-Helena-Nachtreihers

Der letzte St.-Helena-Nachtreiher stirbt 1801. Über die Tiere ist heute wenig bekannt: Die flugunfähigen Vögel sollen grau gefiedert und sehr unbeholfen gewesen sein, und wenn man sie tötete, sollen sie wie Schweine gequiekt haben.

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Voraussetzungen / Rechtfertigungen II

„... und so kehrte er, beladen mit den Werken von Marx, Engels, Lenin und Mao, einem Packen Material über die Kritikkampagne gegen Lin Biao und Konfuzius, einer Hacke, einem Meißel, einer Schere und einem robusten Paar Strohschuhen - alles Geschenke von Freunden und Bewunderern -, an seine ländliche Arbeitsstätte zurück.“ (Spence - Chinas Weg, S. 749)

Voraussetzungen / Rechtfertigungen I

Und wenn ich einiges berichten sollte, das ich nicht selbst mit angesehen habe oder das ich zwar mit angesehen habe, dessen ich mich aber nicht genau erinnere, oder von dem ich zwar gehört habe, aber nur durch unterschiedlichste Erzählungen von unterschiedlichen Leuten, so werde ich stets aufgrund der überaus langen Erfahrung, die ich mit den allermeisten Geschehnissen habe, entsprechende Vermutungen anstellen, die wie ich meine, mit größter Wahrscheinlichkeit der Wirklichkeit am nächsten kommen.

Das Verschwinden des Rodrigues-Sittichs

Als der Hugenotte Francois Leguat im Jahre 1691 mit acht Mann auf der Insel Rodrigues landet, um die protestantische Republik Eden auf Rodrigues zu errichten, erwähnt er in seinen Aufzeichnungen einen kleinen, schieferblauen Papageien, der überall in den Bäumen sitze, in den Sträuchern und an den Bächen, und immerzu krächze. Der Sittich sei außerdem, so berichtet Leguat, ausgesprochen wohlschmeckend. Es empfehle sich, den Vogel an einem Spieß zu rösten und leicht gesalzen zu verspeisen. Als ein weiteres Schiff zwei Jahre später die Insel erreicht, sind alle Exemplare der Art verzehrt.

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Der Hafenmeister behielt recht. Die ersten Schiffe, haushohe, graue Ungetüme, 43 an der Zahl, stoppten circa 150 bis 200 Meter vom Hafenbecken entfernt. Möwen umflogen ihre mächtigen Aufbauten, die Antennenwälder, die glatten Flächen der Kommandobrücken, die in alle Richtungen zeigenden Waffenrohre; auf den Decks war niemand zu sehen. Eine ermüdende Ruhe lag über der Dänischen Wiek, einzig die Wellen klatschten gegen die Wand der Mole in einem apathischen Rhythmus. Die Menschen an Land fürchteten sich. Einige verließen schweigend diesen Ort, an dem alles begann, andere stürzten davon. Die Schiffe hatten sich über die ganze Bucht verteilt, ein stehendes Heer aus nicht mehr ganz neuen, aber blank geputzten Modellen, zusammengesammelt aus allen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, in allen Größen, Formen und Farben, metallene Riesen wie aus dem Mahlstrom getaucht, mit Treibstoff betriebene Könige, deren unermessliche Reiche in den Weltmeeren liegen, Golems der Seefahrt. Mitten unter ihnen ihre kaiserliche Mutter, deren Befehle sie auszuführen hatten, der sie willig gehorchten und deren strengen Blick sie auf ihren kalten Häuten zu spüren schienen. Auch das Flaggschiff hatte die Motoren gestoppt und prangte, mit roter Farbe nur rudimentär bepinselt, zwischen seinen Kindern, von denen keines die Größe der eisernen Mutter erreichte, bereit für den Erstschlag, thronend über den wogenden Wassern, den weichen Menschenkörpern dort drüben auf der Mole mit stillem Zorne drohend. Und immer noch erschienen weitere Punkte, hunderte, tausende, auf dem so unendlich weit entfernten schmalen Streifen der Horizontlinie.

Hier hört die Literatur auf...

Dienstag, 27. Oktober 2009


Wir sind die Tiger der Nacht die Widersacher im Licht die Hammerschläge wir sind die Fensterspringer die Lüütis das Gartentor in Grimma wir sind die Hornträger zur Sonne Helmut Kohl die elektrischen Tiere wir sind die Balz wir sind die Innenausstattung wir sind Erika Zahn wir sind das Megafon wir sind das Gewölle wir sind die Informer wir sind die Geräte wir sind die Jungaufzucht wir sind Jens Arnoscht die Industrialisierung wir sind die Toten wir sind der Sturm wir sind der Fernwind wir sind die Kopfnüsse wir sind blöd aber frech wir sind die Helmkasuare wir sind die Hasen im Kraut wir sind die Koordinaten

Montag, 26. Oktober 2009



Und da waren sie wieder, die Unbemerkten, wir bemerkten sie nicht, aber da waren sie wieder, die Unbemerkten, und wie sie stampften und schabten und wie sie sich leise kratzten, und wie sie den Wein tranken, der noch gut war und rot, und wie sie sich bewegten und aufwarfen und schüttelten vor Trotz - gut schmeckte der Wein, wie gross sie geworden waren, so voll und gut und warum wir sie nicht bemerkten, sie waren so ganz, so schön, sie waren die Unbemerkten, wir konnten nichts tun.
Geht es dir gut, fragte er in einer SMS. Sie antwortete: ja, es geht mir gut. Darauf schrieb er: bist du sicher, dass es dir gut geht? Und sie schrieb: ich glaube schon, dass es mir gut geht. Und er schrieb: dann ist ja gut, wenn es dir wirklich gut geht. Und dann ging es ihr wirklich nicht mehr gut.

Der Wurst Verlag

Liebe Grüsse!



Es grüssen Herr und Frau Stein, die Gebrüder Haufen, die geehrten Herren Bürsten, die froh versammelten Schwestern Spangen – aus Tuggen, Onkel Reich aus Spanien! die hinkend abgereisten Cousinen, Familie Wohlgemut, die noch nicht verstorbene Tochter Hildegard, der fahle Sohn, die Geschwister Zangen, Frau Ländi, der Abtrünnige, Tante Erika Zahn und der Erstklässler Willibald Ei. Auch grüsst unser Freund Joachim Fichte, den wir ja alle noch kennen, von früher nämlich! Es grüsst euch innig, Euer Adalbert Spichtig.


Der Stein Verlag
Der Land Verlag
Der Zangen Verlag
Der Imperium Verlag
Der Spangen Verlag
Der Haufen Verlag
Der Weltreich Verlag
Der Bürste Verlag
Der Zahn Verlag
Der Knochen Verlag
Der Ochsenfuss Verlag
Der Ei Verlag

Ich sehe

die Tauben, die keiner sieht, in den leeren Häusern
die Hasen, echte Hasen
wie es nach außen hin aussieht, aber nach innen hin wirklich ist
wie Jens und Marina und Björn aufstehen
hier und da
wie sie gemeinerweise noch immer ausharren. Hier. Es ist ihnen nicht zu verübeln
und da -
warum steht er da noch?
von weiter hinten die Häuser und Rufe
die unterschiedlichen Orte der Menschen
drinnen hat Frau Sack schon alles gewischt
ICH SEHE ALLES!



Paz

“Wir erwecken kein Vertrauen. Unsere Antworten wie unser Schweigen sind nicht vorauszusehen und kommen unerwartet. Verrat und Treue, Verbrechen und Liebe lauern in der Tiefe unseres Blickes. Wir ziehen an und stoßen ab.”
Ich hätte es also auch lassen können, ich hätte dort bleiben können, wo ich war, doch zuhause immerhin, im Herzen meiner Heimatstadt, noch ganz jung und noch nichts gesehen von der Welt.

Kafka, okay

"Hier ist festzuhalten, daß alle jungen Studenten voll Zweifel sind."

Cordula Stiefel

Ihr Zehen, sagte Cordula Stiefel, schaut mich nicht an! Aber die Zehen schauten Cordula Stiefel fest ins Gesicht. Wenn ihr nicht aufhören wollt, mich anzuschauen, sagte Cordula Stiefel, dann seid bereit! Die Zehen schauten fest in Cordula Stiefels Gesicht. Sie holte eine Schere und ging ans Werk, aber die Schere zerbrach. Darauf wollte sie an ihren Haaren reissen, aber sie waren weg. Sie biss sich auf die Zunge, aber auch diese fehlte. Sie dachte daran, sich ins Ohr zu zwicken, doch die Ohren waren nie da gewesen. Und die Zehen hatten nicht aufgehört, zu schauen. Sie legte sich hin, aber sie konnte nicht schlafen, den Blick der Zehen fühlte sie fest im Nacken. So ging das weiter, obwohl man es sich kaum vorstellen kann. Aber so ging es weiter.

Es standen zwei Frauen am Flughafen von Tel Aviv

Der Nachtwächter

Es geschah, dass ich um die Weihnachtszeit des letzten Jahres in der Zeitung von einem Mann las, der in seinem Auto, es war in Amerika, ein paar hundert Meter entfernt von dem Haus seiner Freundin, eine Nacht verbracht hatte, weil er vorgeben wollte, die Stelle als Nachtwächter am Tag zuvor nicht verloren zu haben. Er legte Zeitungen zwischen seine Kleidung und seinen Körper und versuchte, zu schlafen. Und als er am nächsten Morgen von der vorbeigehenden älteren Frau, die mit ihrem Hund spazieren ging, hinter der Fensterscheibe des Autos als Gestalt wahr genommen wurde, hatte diese nicht bemerkt, dass der Mann hinter der Scheibe in der eben vergangenen Nacht erfroren war. Sie ging weiter, gezogen von ihrem Hund, und ich schloss die Zeitung und schmückte den Tannenbaum mit roten Kugeln, wenn ich mich recht erinnere.

Adalbert Spichtigs Mutter beim Lesen von Adalbert Spichtig

Fünf Muni

Fünf Muni haben am Freitagnachmittag in Sursee kurz vor der Übergabe an den Schlachthof die Flucht ergriffen. Dabei verletzten die Tiere eine 86-jährige alte Frau und beschädigten zwei Autos. Ein Stier ist noch immer flüchtig. Zwei Stiere konnten nach kurzer Zeit eingefangen und weggeführt werden. Drei flohen weiter. Dabei überrannte ein Muni eine 86-jährige Frau auf der Bahnhofsstrasse. Die verletzte Frau musste ins Kantonsspital Sursee gebracht werden. Die beiden anderen Tiere beschädigten zwei Autos. Aus Sicherheitsgründen erlegte die Polizei daraufhin ein Tier. Ein weiterer Muni stürzte auf der Flucht in die Suhre. Auch diesen erlegte die Polizei. Einem Stier gelang die Flucht vollständig: Er rannte in den Surseewald.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Herzlich willkommen in der Harmoniumfabrik

Wir befinden uns in der Harmoniumfabrik. Es geht uns gut.



Die Belegschaft der Harmoniumfabrik steht in einer Reihe, Schulter an Schulter. Jetzt ist die Zeit gekommen!, ruft einer aus der Reihe heraus. Die anderen drehen die Köpfe leicht zur Seite und in seine Richtung. Sie schauen hinter den Köpfen der anderen zu dem Rufer hin, an den Hälsen der anderen vorbei, den Haaren und den Krägen. Der Rufer ist verstummt,

seine Augen nun als einzige auf das Fenster gerichtet

und das Panorama das vor dem Fenster liegt.

Freitag, 16. Oktober 2009

Antigone Weesendahl

Antigone Weesendahl (*17. März 1968 in Hamburg) ist eine deutsche Brettspielautorin und Überlebende der Belagerung der Universitäts- und Hansestadt Greifswald.

Spiele (Auswahl)
1992 Die Katzen des Hermetikers
1993 Olpavlo (abstraktes Würfelspiel)
1994 Angriff und Verteidigung Hohenlohes
1998 Centurio (Kartenspiel)
2003 Rückkehr ins Abendland
2006 Die Belagerung
2007 Die Belagerung – Bürgerwehr, U-Boote und Omnibusverkehr (Erweiterung)
2008 Die Belagerung – Der dritte General (Erweiterung)

Donnerstag, 15. Oktober 2009

DIE FAHNE DES UNMÖGLICHEN THEATERS


O wie herrlich weht sie doch im Internet!
So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! Wurm. So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen! So kann es nicht weitergehen!
Vor sieben Tagen traf ich, als ich auf dem Fockeberg spazieren ging, einen alten Indianer. Er sprach zu mir: "Lotz, hast Du Dir überlegt, was Du hier tust?" Da entbrannte ich im Zorn und schlug ihn mit der Knute. Er aber wiederholte seine Frage: "Lotz, hast Du Dir überlegt, was Du hier tust?" Ich züchtigte ihn erneut mit der Knute. Er aber wiederholte nochmals seine Frage, eindringlicher noch als zuvor: "Lötzchen, hast Du Dir überlegt, was Du hier tust?" Da verlor ich die Fassung und schlug ihm mit der Knute den Schädel ein.

Vor sechs Tagen saß ich in meinem Zimmer am Tische, gebückt über ein Gedicht, dass drei Zeilen haben sollte, aber ich hatte erst eine geschrieben. Sie lautete: "Die Schwalben in den Bäumen". Eben hatte ich diese noch leichter Hand geschrieben, eben war ich geküsst gewesen von den Musen, so war nun dieser glückliche Moment vorbei und meine Hand wie Blei, es gab kein Vor, aber es gab auch kein Zurück, und ich blickte auf: Vor dem Fenster fuhren die vier apokalyptischen Reiter in einem Großraumtaxi vorüber.

Vor fünf Tagen, als ich mir mit der Pinzette ein Haar vom Rücken entfernte, fiel mir plötzlich der Moment meiner Geburt ein: Damals, in jenem Augenblick, öffnete sich die Welt für mich zwischen den Beinen meiner Mutter, ich platzte hervor in die Kälte, wie eine Blüte, die die Knospe sprengt im Frühling, und als ich da lag, schrie ich, und ja, es war dieses Schreien, das mir plötzlich wieder einfiel, und ich fragte mich, warum habe ich dies seitdem nie wieder getan?

Vor vier Tagen aß ich eine Bulette und trank einen Schluck Apfelsaft aus einem Coke-Glas, und da verschluckte ich mich, und alles kam mir durch die Nase wieder heraus. Als ich mich wieder gesammelt hatte, bemerkte ich, dass der Kuckuck dreimal pfiff.

Vor drei Tagen lag ich im Bett, und ich spürte die Erde unter mir leise beben. Da dachte ich: Wolfram, was machst Du jetzt, wenn sie sich öffnet und Dich einfach verschlingt? Ich wusste es nicht, aber inzwischen ist es mir eingefallen.

Vor zwei Tagen, als ich durch die Stadt ging, flog ein Albatros über meinem Kopf. Ich ging zum Bäcker, und der Albatros flog über meinem Kopf. Ich ging zum Schuster, und der Albatros flog über meinem Kopf. Ich ging zum Sattler, und der Albatros flog über meinem Kopf. Ich ging zum Key Account Manager, und der Albatros flog über meinem Kopf. Da wurde es mir zu viel und ich herrschte den Albatros an: "Albatros, was fliegst Du immer über meinem Kopf?" Da sprach der Albatros: "O Du Undankbarer! Ich fächle Dir Luft zu! Weißt Du denn nicht, dass der Mensch Luft braucht? Wie willst Du leben ohne Luft?" Da begriff ich, dass er Recht hatte, und ich schämte mich für meine gedankenlose Frage.

Vor einem Tag lief ich nackt, nur mit dem roten Schal der Sozialdemokratie bekleidet, durch meine Wohnung, wieder und wieder, und plötzlich fragte ich mich: "Was zum Teufel mache ich hier eigentlich?" Da fiel mir der alte Indianer wieder ein und mir zersprang das Herz im Busen, ich kniete nieder und Tränen fielen aus meinen Augen, ich weinte bitterlich.

Montag, 12. Oktober 2009

Komm, großer Spaß, komm!

Sonntag, 11. Oktober 2009

Letztes Gedicht

PROPHEZEIUNG


alles was ich sagte,

wie sagtest du noch gleich?

gleich!

dann kommt es wieder

du hast mich nicht verstanden, aber

es kommt eine zeit

dahinten

siehst du jetzt was ich meine

in connollys garten am fluss

steht unbeweglich

ein weithin sichtbarer widersacher im licht

Zweites Vogelgedicht von Jens Ludwig

HERBSTLICHE LIEBE

von bäumen zu sprechen
ist gerade jetzt
wenn du willst
um uns über uns nicht zu täuschen
sie reden ja nicht:
die vögel mit
ihren verschiedenen namen
verschiedene auswege
ins nichts.

Freitag, 9. Oktober 2009

und jetzt

setz dich nicht zu nahe ans wasser, mein freund, mein
letztes gespräch,
mehr
muss nicht passieren
geh jetzt nicht fort von mir, bald
schon wird alles zum gesetz, zum
lied, das niemand hört, nur all jene, die
zu tätern werden, unbesehen
verkehrte gesichter, tatsachen
im schatten, ausnahmen im licht.

Donnerstag, 8. Oktober 2009

Wir sind Herta.

Mittwoch, 7. Oktober 2009

EINIGE DINGE HIER

1

In einem Park etwas unterhalb
des Hochturms fiel mir
eine Kastanie mitten
auf den Kopf und ganz so
wie von der Natur vorgesehen
barst bei dem Aufprall
die Schale und die braune
glänzende Frucht
sprang heraus.


2

Auf dem Friedrichsplatz traf ich
eine ältere Frau, die sich
ein Mobiltelefon verkehrt herum
ans Ohr hielt und rief:
Du, du, bist du zuhause
ich muss dir was sagen, gut
dann rufe ich später
noch mal an.


3

Auf dem Neckar sah ich
zwei Enten schwimmen, sie sahen
genau so aus, wie ich dachte
dass Enten
eben aussehen.


4

Auf der Johannsergasse erzählte mir
ein Mann, in der Stadt
seien in den Jahren 72/73
insgesamt drei Männer
spurlos verschwunden, einer davon habe
so berichte man
zu seiner Frau
bevor er gegangen sei, gesagt:
Heute ist Sonntag
na und.


5

In der Pfisterstraße sah ich
einen überfahrenen Igel.


6

In der Innenstadt las ich
auf einem Schild, dass die Innenstadt
auf Muschelkalk stehe und ich versuchte
mir vorzustellen, wie es wohl sei
auf Muschelkalk zu stehen
als mir einfiel, dass ich ja dann gerade selbst
auf Muschelkalk stehe
was mich aber nicht wesentlich
weiter brachte.


7

Am Stadtgraben sah ich
(da ein Beamter gerade daran zu Gange war)
zum ersten Mal in meinem Leben
das Innere
eines Parkscheinautomaten.


8

Ein älterer Mann in einer Kneipe
erzählte mir, der denkwürdigste
Augenblick in seinem Leben
sei gewesen als ihm im Sommer
1984 auf einer Neckarwiese ein leibhaftiger
Biber in den Mähdrescher
gesprungen sei, aber obwohl
er geschworen habe, dass es so
gewesen sei
habe ihm niemand
niemand
geglaubt.

Im Alter

"Ihr habt mich hier schon sterben lassen", sagt sie. "Das stimmt doch gar nicht", sage ich, "wie machen wir das denn!" "Wie ich das mache?" "Wie wir das machen!" "Ja, ja", sagt sie.

Dienstag, 6. Oktober 2009

Ruíz Tangle

Geboren in Barcelona 1979, gestorben in Barcelona 1997, hinterließ Ruíz Tangle mehr als tausend Gedichte und Gebrauchsanweisungen zum urbanen und suburbanen Widerstand auf unzähligen Papierzetteln, Pflastersteinen sowie auf Häuserwänden im gesamten Großraum Barcelona. Eine kleine Auswahl ihrer Texte ist bereits zu Lebzeiten (1996) in dem Verlag "la comunitat" in Tarragona erschienen - die Veröffentlichung von Texten einer bekannten Protagonistin der als halblegal eingestuften "Box-Casa-Bewegung" in einem derart gediegenen Verlag löste damals noch einiges Aufsehen und Empören in konservativen und nationalistisch-katalanischen Kreisen aus (die Box-Casa-Bewegung wendet sich nicht nur gegen das Buch als "privatistisches, reduktionistisches und faschistisches, weil brennbares" Medium der Literatur, sondern vermischt auch in ihren Texten mit großem Geschick kastillische Umgangssprache, französischen Theoriejargon und das in Katalonien von offizieller Seite protegierte Hoch-Katalán.) Heute ist die Autorin weitgehend vergessen. Eine dringend erforderliche Veröffentlichung ihrer gesammelten Werke gilt selbst unter ihren wenigen ergebenen Lesern (meist jüngere Anhänger der Box-Casa Bewegung, die Ruíz Tangle noch persönlich gekannt und Anfang der 90er Jahre auf ihren Streifzügen durch Barcelona begleitet hatten) als aussichtsloses Unterfangen, da durch den Abriss und die Umgestaltung ganzer Stadtbezirke im Zuge der Vorbereitung auf die Olympischen Sommerspiele 1992 in Barcelona vor allem das visionäre Frühwerk und die eigentlich politischen Texte der mittleren Schaffensperiode von Ruíz Tangle unwiderbringlich zerstört worden seien.

Montag, 5. Oktober 2009

Jorge Alvarez

Jorge Terencio Bonifacio Alvarez’ literarischer Nachlass beschränkt sich auf ein großes Poem namens „Leviathan“, das man in seiner Stube in der Greifswalder Innenstadt fand. Die etwa 1200 beschriebenen Blätter lagerten in einem Koffer zusammen mit einer Geldkassette, die Alvarez’ Einnahmen aus seinem florierenden Schwarzmarkthandel beinhalteten. Im „Leviathan“ beschreibt Alvarez zunächst in einfachen, dann in immer komplexer und undurchdringlicher werdenden, z. T. sogar ins Romanhaft-prosaische verfallenden Versen Leben und Sterben der Menschen in Greifswalds belagerter Altstadt: Einzig die als Wunderwaffe gepriesene geheimnisvolle „Große Maschine Leviathan“, die von einigen desertierten Bundeswehrsoldaten, Fischweibern, Kleinstadtluden und einer Handvoll verwaister Kinder mittels Schwarzmarktwaren des Nachts in einem Keller zusammengezimmert wird, ist die letzte Rettung der Eingeschlossenen, führt aber auch zur totalen Zerstörung der gesamten Stadt. Alvarez, der zwischen 1955 und 1958 als Sohn eines einäugigen Schaustellers und einer Hochseilartistin in San Francisco de Coray (Honduras) geboren wurde und den größten Teil seines Lebens Gedichte schreibend in einigen deutschstämmigen Kolonien in Südamerika verbrachte, starb noch während der Belagerung; seine Leiche trieb eines Morgens den Ryck-Fluss hinunter und verfing sich in einem alten Wehr.

Freitag, 2. Oktober 2009

Storytelling in Unternehmen

In Unternehmen werden Geschichten strategisch dazu eingesetzt, um Traditionen, Werte und Unternehmenskultur zu vermitteln, um Ressourcen zu wecken, aber auch um Konflikte in einer Metapher bildhaft und „unter die Haut gehend“ erfahrbar zu machen und Lösungswege aufzuzeigen. Mitarbeiter-Erzählungen werden genutzt, um Auskunft über die Unternehmenskultur zu erhalten und um kostspielige Prozessschwächen aufzudecken.
Quelle: Wikipedia

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Varanus komodoensis

In Erinnerung an Baron Rudolf von Reding, Biberegg. Geboren in der Schweiz am 8. August 1895 und verschwunden auf dieser Insel am 18. Juli 1974. Sein Leben lang liebte er die Natur.